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Über das Projektmanagement in der Forschung

Das Auftragsvolumen in der Forschung steigt tendenziell: Im Jahr 2007 flossen in Deutschland 61,5 Milliarden Euro in die Forschung - 5 Jahre später waren es bereits 79,4 Milliarden Euro. Davon werden zwei Drittel in die Privatwirtschaft investiert und ein Drittel dient der Finanzierung der Grundlagenforschung, welche durch Institute an Universitäten und Hochschulen im Rahmen von Forschungsprojekten betrieben wird. [1]

Während meines Einsatzes auf einem Forschungsprojekt in der Grundlagenforschung bestand das Ziel darin, komplexe und numerische Ansätze in einem interdisziplinären Forschungsteam zu erweitern. Bereits in der frühen Projektphase waren sowohl Erfahrung als auch Intuition erforderlich, um die Forschungsrichtung schnellstmöglich strategisch zu lenken und in die Forschungsaufwände sinnvoll zu investieren. Darüber hinaus musste sich das Forschungsteam immer wieder neuen Situationen aussetzen, da sich die Anforderungen an die Projektergebnisse erst im Laufe des Forschungsprojekts herauskristallisierten und nicht bereits zu Beginn genau spezifiziert werden konnten.

Was sind die Merkmale von Forschungsprojekten?

Die Kombination dieser Herausforderungen entspricht ziemlich genau der gängigen Definition eines Forschungsprojektes [2]:

Forschungsprojekte sind befristete Vorhaben, mit denen sich ein einzelner Wissenschaftler oder eine Gruppe von mehreren Wissenschaftlern in einer interdisziplinären Arbeitsgruppe beschäftigen, um ein Forschungsziel zu erreichen.

Folgende Merkmale gelten für Forschungsprojekte:

  • Eine hohe fachliche bzw. technische Komplexität
  • Unklare Anforderungen
  • Flexibilität in der Zieledefinition

Welcher Projektmanagementansatz eignet sich am besten für Forschungsprojekte?

Angesichts dieser Fragestellung ist zunächst eine Entscheidung zwischen klassischem (z. B. Wasserfall-Modell) und agilem Projektmanagement (z. B. Scrum) zu fällen.

Über eine Entscheidungsmatrix vergleichen wir beide PM-Ansätze anhand ausgewählter Entscheidungsfaktoren (s. Tabelle) [3]. Diese (Entscheidungsfaktoren) werden auf Basis ihrer Eignung in Forschungsprojekten ausgewertet. Im positiven Fall wird die jeweilige Zelle rot markiert.

 Klassisches PM          Agiles PM
Klar definierte ProjektzieleJaNein
Klar definierter ProjektumfangJaNein
Viele Änderungen im Projekt zu erwartenNeinJa
Wichtigkeit der DokumentationJaNein
Selbstorganisierte Arbeit im Projektteam          NeinJa
Klar definierte KostenJaNein
Klar definierte ProjektdauerJaNein
Arithmetische Summe25

Tabelle: Entscheidungsmatrix für klassisches und agiles PM

In der letzten Zeile der Entscheidungsmatrix vergleichen wir die arithmetische Summe der Anzahl an rot markierten Zellen im klassischen und im agilen Fall. Da „5 > 2“ ist es hier eindeutig, dass Forschungsprojekte mehr Eigenschaften aus dem agilen Projektmanagement (5 Eigenschaften) als aus dem klassischen Projektmanagement (2 Eigenschaften) aufweisen. Deswegen beschränken wir uns im Weiteren auf den Einsatz einer rein agilen Methode basierend auf Scrum.

Gibt es eine konkrete Projektmanagementmethode für den ausgewählten Ansatz?

Ja, die gibt es: Die passende agile Methode basiert auf der SCORE (SCrum fOr REsearch) Methode [4 - 6] und berücksichtigt folgende Kernaufgaben:

1. Zählen fängt bei 0 an:

Zu Beginn eines Forschungsprojektes wird empfohlen, einige Wochen für einen initialen Sprint, auch Sprint „0“ genannt, zu investieren. Während dieses Sprints sollen folgende Vorarbeiten geleistet werden:

  • Erfassung des Forschungsstandes von Wissenschaft und Technik: Was wurde bisher in diesem Forschungsgebiet veröffentlicht?
  • Definition des anfänglichen Umfangs: Auch wenn das Gesamtbild für das Forschungsprojekt und die Vorstellung der zu erwartenden Ergebnisse noch fehlen, ist festzulegen, welche Schritte am Anfang eingeleitet werden sollen. Auf welche groben Aufgaben beziehen sich diese Schritte? Diese Aufgaben werden schließlich priorisiert und in einer initialen To-Do-Liste, d.h. einem Plan der anstehenden Aufgaben im Sprint „0“ erfasst.
  • Auswahl von Software und Werkzeugen: Welche Werkzeuge werden im Rahmen des Projektablaufs benötigt? Welche Werkzeuge stehen zur Verfügung? Für welche Werkzeuge sollen/müssen Lizenzen gekauft werden

2. Priorisieren ist das A und O:

Die Priorisierung ist eine sehr wichtige Planungsaktivität, sowohl während der Anfangsphase als auch im Laufe der Sprints. Die Priorisierung der unterschiedlichen Aufgaben soll idealerweise im Rahmen festgelegter Termine gemeinsam mit dem Forschungsprojektteam stattfinden. Diese Termine helfen dem Team dabei, ein gemeinsames, tieferes Verständnis des Projektinhaltes zu schaffen und Grauzonen rechtzeitig zu identifizieren.

Zur Priorisierung von neuen Aufgaben und Funktionen steht das Verhältnis von Nutzen zu Kosten im Vordergrund, sodass Aufgaben und Funktionen mit dem größten Nutzen und den geringsten Kosten zuerst entwickelt werden. Da in der Forschung die Kosten und der Nutzen nicht eindeutig ermittelbar sind, wird dieses Verhältnis in Forschungsprojekten durch das Verhältnis vom wissenschaftlichen Interesse zu Komplexität ersetzt. Damit können z. B. komplexe und weniger relevante Aufgaben und Funktionen auf der To-do-Liste nach unten priorisiert werden.

3. Auf die Plätze, fertig, Sprint:

Nach Erstellung der initialen To-do-Liste sollen die dort beschriebenen Aufgaben in kurzen Sprints verteilt werden (z. B. 14-tägig). Am Anfang jedes Sprints werden die obersten Aufgaben aus der To-do-Liste genommen und in Teilaufgaben fragmentiert. Diese Teilaufgaben sollen ebenso priorisiert werden. Am Ende eines Sprints kann ein inkrementelles Arbeitsergebnis abgeliefert werden.

Fazit

Forschungsprojekte unterscheiden sich hauptsächlich von anderen Projektarten dadurch, dass in der Anfangsphase noch nicht alle Anforderungen bekannt sind. Um den Projekterfolg zu sichern, eignen sich am besten agile Methoden wie zum Beispiel Score (Anpassung von Scrum für Forschungsprojekte). Nach Erfassung des Standes der Technik in einem Sprint “0” gilt grundsätzlich die Arbeitsweise nach Scrum mit Priorisierung der Aufgaben aus der To-do-Liste und der iterativen Entwicklung im Rahmen von Sprints.

Literatur

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