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Was Pippi Langstrumpf, Napoleon und die Blaue Mauritius mit Scrum verbindet

Der Hype um das sagenumwobene Managementframework „Scrum” reißt nicht ab. Schließlich verspricht Scrum als Türöffner für die Veränderung ganzer Unternehmen eine wettbewerbsfähige time-to-market-Rate, eine verbesserte Qualität in den pünktlich gelieferten Produkten durch ein erhöhtes Maß an Kommunikation und nicht zuletzt eine Abkehr vom Wasserfall immanenten Going Dark hin zu einem spürbaren Mehr an Transparenz bis in das kleinste Hinterstübchen jeder agilen Liefereinheit namens Scrum-Team. Soweit die Theorie und der Wunsch als Vater des Gedankens, dass Prinzipien wie Selbstorganisation, Timeboxing oder die Kraft eines Commitment als Fundament für eine aus ihren Kinderschuhen wachsende agile Organisation ausreichend Treibstoff liefern, um tradierte Handlungsmuster hinter sich zu lassen und vertrauensvoll den Weg des Andersseins zu beschreiten.

Die brutale Realität zeigt sich nämlich in einem etwas anderen Licht. Vielmehr ist es gar kein Licht. Es ist vielerorts eher eine triste Dunkelheit - grau in grau. Scrum funktioniert dort nicht oder wenn, dann nur in verschwindend geringen Dosen, die keinen echten Nährboden für Begeisterung oder Nachahmung bieten. Die Gründe hierfür sind vielschichtig.

Grund 1: Pippi-Langstrumpf-Denken

Wer kennt sie nicht? Astrid Lindgrens Pippilotta Viktualia Rullgardina Krusmynta Efraimsdotter Långstrump oder kurz Pippi Langstrumpf, das verrückte rothaarige Mädchen mit den Sommersprossen und den langen Zöpfen, das sich in der Villa Kunterbunt mit ihrem Affen, Herrn Nilsson, und dem Apfelschimmel, Kleiner Onkel, ihres Lebens erfreut. Für Pippi gelten keine Regeln. Gemeinsam mit ihren beiden Freunden Annika und Thomas macht sie sich ihre Welt, wie sie ihr gefällt. Nicht wenige Scrum-Teams zeigen in ihrem agilen Alltag ein ähnliches Verhalten. Sie machen, was sie wollen und alles ist ein Abenteuer. Daily Scrum jeden Tag? Wer braucht das schon? Scrum Master, eine Vollzeitaufgabe? Blödsinn! Commitment? Egal. Im Einzelfall noch wenig folgenreich und sicherlich auf kurz oder lang kompensierbar, potenzieren sich die negativen Konsequenzen im skalierten Umfeld. Unterschiedliche Sprintzyklen, kaum spürbare (Scrum-)Prozesstreue oder fehlende Transparenz über technische Abhängigkeiten belegen schmerzvoll, dass das Leben im Scrum-Team und in Taka-Tuka-Land (Taka-Tuka-Land ist eine Anlehnung an den Ort Larantuka, wo im 16. und 17. Jahrhundert viele Deserteure des portugiesischen Kolonialreichs ein freies Leben führten) Vieles gemeinsam haben. Oder anders ausgedrückt:

Scrum is like teen sex. Everyone wants to do it. Many say they're doing it. Only some actually are and very few are doing it right.

Grund 2: Napoleons Angst vor dem Kontrollverlust

Der stärkste Hebel, den sich Scrum als Zusammenarbeitsmodell zunutze macht, ist die Selbstorganisation. Autonomie und Selbstbestimmung durch das Pull-Prinzip und das Recht, sein Lieferversprechen eigenverantwortlich zu geben, gelten als wesentliche Erfolgsfaktoren auf dem Weg zu mehr Agilität. Was für den einen zur Chance wird, entpuppt sich für andere jedoch als Gefahr und wahres Existenzrisiko. Selbstorganisation wird nicht selten mit Anarchie verwechselt und mit Kontrollverlust gleichgesetzt. Die Leute machen nur noch, was sie wollen. Ja, stimmt und nein, eben nicht! Scrum forciert die Eigenständigkeit der Menschen und schafft damit einen Raum, in dem Loslassen zur persönlichen Führungsaufgabe wird und der Fehler als Leistung und nicht als Anlass zum Tadel zu verstehen ist. Loslassen bedeutet aber vor allem, den fehlenden Glauben an die Mündigkeit der eigenen Mitarbeiter der Vergangenheit angehören zu lassen. Napoleon ist out! Führung vom Feldherrenhügel ist ein Anachronismus und widerspricht jedem agilen Veränderungsgeist. Vielmehr gilt es, sich und sein Führungshandeln neu zu erfinden und die Nabelschnur zu trennen. Aber wie? Und warum gerade ich? Nur die wenigsten finden auf diese beiden Fragen Antworten und fangen an, einen Rahmen zu schaffen, der Struktur und Stabilität schafft. Die Mehrheit feiert sich lieber mit Leidensgenossen in der eigenen Schockstarre und beobachtet melancholisch das Treiben aus sicherer Entfernung - bloß keinen Fehler machen.

Grund 3: Geduld ist eine Tugend

Es gab ja mal Gründe, warum man sich dazu entschieden hat, Scrum als Vorgehensmodell einzusetzen. Man wollte schneller werden, qualitativer, kommunikativer, pünktlicher, besser. Und, dass nicht alles gleich sofort funktioniert, nur, weil man sich für Scrum entschieden hatte, war den meisten auch klar. Dass es allerdings langsamer werden würde und unklarer und chaotischer und diese verdammte Uhr….sie tickt erbarmunglos….und diese verdammten Kunden….sie wollen funktionierende Ware. Das funktioniert alles nicht! Das hat man sich wirklich anders vorgestellt. Das muss schneller gehen. Vielleicht war es doch die falsche Entscheidung? Scrum, ja, aber nicht bei uns. Wir sind nun mal anders und das habe ich doch gleich gesagt.

Geduld ist eine Tugend! Und Veränderung braucht Zeit - für jedermann. Wer sich dessen nicht bewusst ist, sollte unbedingt die Finger von Scrum lassen. Bevor etwas besser wird, wird es im Normalfall nun mal schlechter. So funktioniert Lernen. Und das war noch nie anders und auch Scrum, so geil es ist, wird das nicht ändern.

Scrum funktioniert, but...

Erfolgsgeschichten mit Scrum bleiben oftmals aus und die Stimmen, wer denn nach der „Ära Scrum” als nächste Sau durch die veränderungsresistente Produktentwicklungslandschaft gejagt wird, werden lauter und lauter. Die Stimmen sind berechtigt. Weniger, weil die Idee, die Scrum innewohnt, unzureichend ist - ganz im Gegenteil. Scrum kann! Es bietet genau den Rahmen, den es benötigt, um fundamentale Veränderungen prozessualer, struktureller und damit auch kultureller Natur zu ermöglichen. Allerdings bleibt die gewünschte Verbesserung alias Change aus, wenn Scrum als Methodenbaukasten verschwendet wird und man sich Tag für Tag von der naiven Hoffnung tragen lässt, dass das Lippenbekenntnis „Wir sind jetzt agil” schon irgendwann seine Wirkung zeigen wird.

Nevertheless…. Scrum funktioniert!

Aber Scrum ist und und bleibt eine Entscheidung. Mit Scrum entscheide ich mich zum Loslassen. Mit Scrum sage ich Ja zu jeder erdenklichen Art von Veränderung. Mit einem Ja zu Scrum sage ich Ja zu den Menschen.

Solche Entscheidungen erfordern jedoch Disziplin, Durchhaltevermögen und Mut. Eigenschaften, die im 21. Jahrhundert den Status einer Blauen Mauritius haben.

Bist du eine Blaue Mauritius…?

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